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Musik aus Österreich

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Kurt Hauenstein, 1949–2011

Text: Gerhard Stöger
Rod Stewart hatte sich im Sommer 1986 ins Klagenfurter Fußballstadion verirrt, und ich war als Zwölfjähriger mit dabei. Mein erstes Popkonzert! Mein tatsächlich erstes Popkonzert war aber gar nicht Rod Stewart, sondern Supermax. Die haben nämlich das Vorprogramm bestritten. Aus heutiger Sicht ist das ein Glücksfall – von wegen: „Mein erstes Konzert? Supermax!“ –, damals war es wenig berauschend. Die Band um Kurt Hauenstein steckte 1986 in ihrer Reggaepop-Phase, und prickelnd wirkte das nicht. Irgendwie war klar, dass da ein legendärer Typ auf der Bühne stand, der in den späten Siebzigerjahren Großes geleistet hatte, aber die späten Siebzigerjahre erschienen mir jungem Hupfer unvorstellbar weit entfernt. Womöglich haben Supermax an diesem heißen Augusttag eh herrlich entspannte Musik gespielt, aber mein Vater nannte das Gebotene „blutleer“, und genau so blieb es mir in Erinnerung. Schuld daran sei das Rauschgift, das die Musiker gewiss konsumierten, lautete die Diagnose meines Vaters. Zumindest das klang für mich Rock-’n’-Roll-Neuling gefährlich und aufregend. Ob Supermax im Laufe des Konzerts ihren größten Hit „Love Machine“ gespielt haben? Keine Ahnung. Ich kannte nur „Living in a World“, das zu dieser Zeit auf Ö3 gelaufen ist und im Konzert zu hören war. „I am living in a world that you can’t see anymore“, singt Kurt Hauenstein darin. Diese Zeilen sollten knapp 25 Jahre später auf Hauensteins Parte an jener Stelle stehen, an der sich sonst Bibelsprüche oder ausgesuchte Weisheiten finden.

„In tiefer Trauer geben wir die schmerzliche Nachricht, dass der Musiker, Poet, Songwriter, Träger des Silbernen Verdienstzeichens der Stadt Wien, Empfänger des Amadeus Awards für sein Lebenswerk und das Wiener Urgestein Kurt Hauenstein uns am Montag, den 21. März 2011, plötzlich und völlig unerwartet im Alter von 62 Jahren verlassen hat“, lautete der Verabschiedungstext; gleich nach Hauensteins Familie steht der Hells Angels MC Vienna angeführt. Bewusst oder unbewusst stecken hier die sachlich korrekte und die tatsächlich wichtige Information über Hauenstein drin: Ja, er hat Musik gemacht und Auszeichnungen bekommen, aber Hauenstein war nicht nur ein Musiker. Er war – ich habe es Jahre nach dem Konzertbesuch kapiert – tatsächlich ein Original; ein starker, markanter Typ und ein cooler Hund, der Weltläufigkeit mit Wiener Schmäh zu kombinieren verstand.

Seine Karriere hatte Anfang der Siebzigerjahre in der Rockband Gipsy Love begonnen. In der Folge war Hauenstein als Studiomusiker auf Austropopproduktionen ebenso zu hören wie auf deutschen Discoplatten, er wirkte auch an frühen Aufnahmen der Retortenstars Boney M. mit. Seine eigene Band gründete er 1976; die drei als Discomusik rezipierten, tatsächlich aber durchwegs von minimalistischen Funk-Grooves der Marke „zeitlos reizvoll“ geprägten Alben „Don’t Stop the Music“, „World of Today“ und „Fly With Me“ machten ihn Jahre vor Falco zum ersten österreichischen Popstar von Weltruf. In den Achtzigerjahren ging der Wiener nach Jamaika und spielte als erster weißer Musiker beim legendären Reggaefestival Sunsplash; nach dem Reggae wandte er sich der afrikanischen Musik zu und galt in manchen Weltgegenden immer noch als Star, während man in Österreich gar nichts von ihm hörte. Erst wenige Jahre vor seinem überraschenden Herztod kehrte Hauenstein in seine alte Heimat zurück, um anlässlich seines 60. Geburtstages durch diverse Auszeichnungen späte Wertschätzung zu erfahren.


Bisher erschienene Kolumnen von Gerhard Stöger finden Sie hier.

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